Andreas Marr

Fachanwalt für Sozialrecht

 

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Monatstips der Anwaltskanzlei Marr:

Januar 2005: Berliner Testament - Vor- und Nachteile dieser Testamentsgestaltung

Das Berliner Testament ist eine Form des Ehegattentestamentes. Eigentlich handelt es sich dabei um eine Verbindung von zwei Testamenten, die die Ehegatten regelmäßig in einer gemeinsamen Urkunde niedergelegt haben.

Seinen Namen verdankt das Berliner Testament der in früheren Jahren besonders häufigen Verwendung im Berliner Raum.

Das Berliner Testament kann beim Notar errichtet oder auch handschriftlich zu Hause verfaßt werden. Möglich ist es auch, das Testament handschriftlich zu verfassen und dann beim örtlichen Amtsgericht zu hinterlegen, so daß ein Verlust des Testaments ausgeschlossen ist.

Wichtig: Das Testament ist das einzige Schriftstück, das ihren testamentarischen Willen wirksam erklärt. Stellen Sie daher sicher, daß ein Verlust ausgeschlossen ist.

Das Berliner Testament wird besonders häufig gewählt, da es eine einfache Möglichkeit bietet, nach dem Tode des einen Ehegatten, das gesamte Vermögen auf den überlebenden Ehegatten zu übertragen. Die Kinder sollen meist erst nach dem Todes des überlebenden Ehegatten den Rest erben.

So lautet jedenfalls die einfache und praktikable Grundidee, die jedoch immer auch zumindest einen Haken hat.

Ohne eine zusätzliche Gestaltung oder Betrachtung ergeben sich daraus dann schon die folgenden Nachteile des Berliner Testaments:

 

1. Verschenkung von Erbschaftssteuerfreibeträgen

2. Pflichtteilsansprüche der Kinder entstehen

3. keine Änderungsmöglichkeit für überlebenden Ehegatten

4. kein Schutz der Kinder bei Wiederheirat des überlebenden Ehegatten

 

1. Verschenkung von Erbschaftssteuerfreibeträgen

Viele Leute denken immer: Erbschaftssteuer ist nur was für die "Reichen".

Weit gefehlt, jeder Erbfall ist erbschaftssteuerpflichtig. Jede Bereicherung der Erwerber (Erben, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilberechtigte, etc.). ist grundsätzlich innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis vom Erbfall oder der Zuwendung dem Finanzamt gegenüber anzuzeigen.

Indem nach dem Tode des ersten Ehegatten nur der andere Ehegatte erbt, werden automatisch Freibeträge der Erbschaftssteuer verschenkt.

Folgende Grundfreibeträge sieht das Erbschaftsteuerrecht vor:

- Ehegatten                                                     307.000 €

 

- Kinder,

  Stiefkinder und

  Kinder der verstorbenen (Stief)-Kinder              205.000 €

 

- Enkel und

  Eltern bei Erwerb von Todes wegen

  (Testament, gesetzliche Erbfolge)                     51.200 €

 

- Geschwister, Neffen, Nichten,

  Stiefeltern, Schwiegerkinder

  Schwiegereltern, geschiedene Ehegatten             10.300 €

 

- alle anderen Erwerber                                        5.200 €

 

Damit steht fest, daß sich eine Betrachtung der Erbschaftssteuer schon lohnt, wenn das Familieanwesen etwas üppiger ausfällt oder neben dem Ehegatten entfernte Verwandte erben sollen.

Für das Berliner Testament bedeutet dies, daß beim ersten Erbfall wertvolle Steuerfreibeträge verschleudert werden, wenn der Nachlaß die 307.000 € Grenze überschreitet .

Wenn schon beim ersten Erbfall neben dem Ehegatten weitere Personen bedacht werden, können weitere Freibeträge genutzt werden und damit ganz legal Steuern gespart werden.

 

2. Pflichtteilsansprüche entstehen

Da bei Eintritt des ersten Erbfalles beim Berliner Testament nur der Ehegatte testamentarisch bedacht wurde, sind damit automatisch alle Kinder enterbt.

Dies hat zur Folge, daß ohne eine Zusatzklausel im Berliner Testament, den Kindern Pflichtteilsansprüche zustehen. Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Erben müssen diesen Anspruch erfüllen.

Beispiel:

Ein Ehepaar lebt im Güterstand der Zugewinngemeinschaft (gesetzlicher Normalzustand nach Eheschließung ohne Ehevertrag) und hat 2 Kinder.

Haben die Ehegatten ein Berliner Testament errichtet, erben die Kinder beim Tode des Vaters erst einmal nichts. Da sie damit für den Erbfall nach dem Vater enterbt wurden, können sie von der Mutter den Pflichtteil verlangen, der sich wie folgt berechnet:

Pflichtteil = Geldanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Ohne Testament hätte bei Tod des Vaters die Mutter 1/4 als Zugewinnausgleich und 1/4 als Ehegattenerbe bekommen. Beide Kinder hätten sich die restliche Hälfte teilen müssen, so daß der gesetzliche Erbteil der Kinder 1/4 und der  Pflichtteil damit 1/8 beträgt.

Für den überlebenden Ehegatten bedeutet dies dann, daß er oder sie die Pflichtteilsansprüche der Kinder erfüllen muß. Dies kann dazu führen, daß notfalls das mühsam erworbene Familienanwesen verkauft werden muß oder anderweitig die teilweise recht hohen Geldsummen besorgt werden müssen.

Durch entsprechende Testamentsklauseln können die Pflichtteilsansprüche zur Beruhigung des erlebenden Ehegatten wirksam unterbunden werden.

 

3. Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testamentes

Das Gesetz sieht beim Berliner Testament eine Bindungswirkung vor, die nach dem Tode des ersten Ehegatten eintritt und sich nachteilig auswirken kann.

Dies bedeutet, daß der überlebende Ehegatte das Testament nicht mehr ändern kann.

Insbesondere über einen längeren Zeitraum können sich die Ansichten des überlebenden Ehegatten ändern oder es können Umstände eintreten, die die Ehegatten bei Errichtung des Testamentes nicht bedacht haben.

Diese Bindungswirkung läßt sich durch eine Gestaltung des Testamentes wirksam aufheben.

Dadurch läßt sich eine testamentarische Regelung finden, die den Bedürfnissen der Testierenden umfassend entspricht. Der überlebende Ehegatte kann dann auch noch nach dem Tode des anderen Ehegatten wirksam das Testament ändern.

 

4. Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten

Nicht selten kommt es nach dem Tode des ersten Ehegatten zur Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten.

Durch die Heirat erwirbt die neue Ehefrau zugleich Erb- und Pflichtteilsansprüche, wodurch sich der Nachlaß für die Kinder der Ehegatten verringert.

Sinn und Zweck des Berliner Testaments war es aber den Kindern den Nachlaß endgültig zuzuwenden.

Damit der überlebende Ehegatte in seinem zweiten Frühling nicht die Kinder um ihr Erbe bringt, empfiehlt sich auch zu diesem Punkt eine testamentarische Regelung in das Testament aufzunehmen.

 

Diese Punkte sollen verdeutlichen, daß es ratsam ist, bei der Testamentsgestaltung alle Möglichkeiten zu bedenken und für diese Fälle eine wirksamen Regelung in das Testament aufzunehmen.

Es wäre sicherlich ein Unglück, wenn der letzte Wille an einer unzureichenden Testamentsgestaltung scheitert oder das Erbe der Angehörigen geschmälert wird.

Prüfen Sie daher Ihr Testament, ob es zu den oben genannten Punkten eine Regelung enthält. Wenn nicht sollten Sie die fachliche Hilfe in Anspruch nehmen, die Sie bei Notaren oder Rechtsanwälten finden.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, können Sie direkt mit mir Kontakt aufnehmen.
 
 
Bis demnächst
 
Ihr Rechtsanwalt
 
Andreas Marr
 

PS:

Das große Interesse an den Monatstips meiner Internetseite bekräftigt mich diese Idee fortzuführen.

Um Ihre Interessen in diese Tips mit einzubeziehen, würde ich mich über Anregungen für Themen der folgenden Monatstips sehr freuen.

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Ich möchte darauf hinweisen, daß diese Zusendungen keine Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen, sondern damit lediglich das allgemeine Informationsbedürfnis der Leser an der "Juristerei" gestillt wird.