Monatstips der Anwaltskanzlei Marr:
Januar 2005: Berliner Testament - Vor- und Nachteile
dieser Testamentsgestaltung
Das Berliner Testament ist eine Form des
Ehegattentestamentes. Eigentlich handelt es sich dabei um eine Verbindung
von zwei Testamenten, die die Ehegatten regelmäßig in einer gemeinsamen
Urkunde niedergelegt haben.
Seinen Namen verdankt das Berliner Testament der in
früheren Jahren besonders häufigen Verwendung im Berliner Raum.
Das Berliner Testament kann beim Notar errichtet oder
auch handschriftlich zu Hause verfaßt werden. Möglich ist es auch, das Testament
handschriftlich zu verfassen und dann beim örtlichen Amtsgericht zu hinterlegen,
so daß ein Verlust des Testaments ausgeschlossen ist.
Wichtig: Das Testament ist das einzige
Schriftstück, das ihren testamentarischen Willen wirksam erklärt. Stellen Sie
daher sicher, daß ein Verlust ausgeschlossen ist.
Das Berliner Testament wird besonders häufig gewählt, da
es eine einfache Möglichkeit bietet, nach dem Tode des einen Ehegatten, das
gesamte Vermögen auf den überlebenden Ehegatten zu übertragen. Die Kinder sollen
meist erst nach dem Todes des überlebenden Ehegatten den Rest erben.
So lautet jedenfalls die einfache und praktikable
Grundidee, die jedoch immer auch zumindest einen Haken hat.
Ohne eine zusätzliche Gestaltung oder Betrachtung
ergeben sich daraus dann schon die folgenden Nachteile des Berliner
Testaments:
1. Verschenkung von Erbschaftssteuerfreibeträgen
2. Pflichtteilsansprüche der Kinder entstehen
3. keine Änderungsmöglichkeit für überlebenden
Ehegatten
4. kein Schutz der Kinder bei Wiederheirat des
überlebenden Ehegatten
1. Verschenkung von Erbschaftssteuerfreibeträgen
Viele Leute denken immer: Erbschaftssteuer ist nur was
für die "Reichen".
Weit gefehlt, jeder Erbfall ist
erbschaftssteuerpflichtig. Jede Bereicherung der Erwerber (Erben,
Vermächtnisnehmer, Pflichtteilberechtigte, etc.). ist grundsätzlich innerhalb
von 3 Monaten nach Kenntnis vom Erbfall oder der Zuwendung dem Finanzamt
gegenüber anzuzeigen.
Indem nach dem Tode des ersten Ehegatten nur der andere
Ehegatte erbt, werden automatisch Freibeträge der Erbschaftssteuer verschenkt.
Folgende Grundfreibeträge sieht das Erbschaftsteuerrecht
vor:
-
Ehegatten 307.000 €
- Kinder,
Stiefkinder und
Kinder der verstorbenen (Stief)-Kinder
205.000 €
- Enkel und
Eltern bei Erwerb von Todes wegen
(Testament, gesetzliche Erbfolge)
51.200 €
- Geschwister, Neffen, Nichten,
Stiefeltern, Schwiegerkinder
Schwiegereltern, geschiedene Ehegatten
10.300 €
- alle anderen
Erwerber 5.200 €
Damit steht fest, daß sich eine Betrachtung der
Erbschaftssteuer schon lohnt, wenn das Familieanwesen etwas üppiger ausfällt
oder neben dem Ehegatten entfernte Verwandte erben sollen.
Für das Berliner Testament bedeutet dies, daß beim
ersten Erbfall wertvolle Steuerfreibeträge verschleudert werden, wenn der Nachlaß die 307.000 € Grenze überschreitet
.
Wenn schon beim ersten Erbfall neben dem Ehegatten
weitere Personen bedacht werden, können weitere Freibeträge genutzt werden und
damit ganz legal Steuern gespart werden.
2. Pflichtteilsansprüche entstehen
Da bei Eintritt des ersten Erbfalles beim Berliner
Testament nur der Ehegatte testamentarisch bedacht wurde, sind damit automatisch
alle Kinder enterbt.
Dies hat zur Folge, daß ohne eine Zusatzklausel im
Berliner Testament, den Kindern Pflichtteilsansprüche zustehen. Der
Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen
Erbteils. Die Erben müssen diesen Anspruch erfüllen.
Beispiel:
Ein Ehepaar lebt im Güterstand der Zugewinngemeinschaft
(gesetzlicher Normalzustand nach Eheschließung ohne Ehevertrag) und hat 2
Kinder.
Haben die Ehegatten ein Berliner Testament errichtet,
erben die Kinder beim Tode des Vaters erst einmal nichts. Da sie damit für den
Erbfall nach dem Vater enterbt wurden, können sie von der Mutter den Pflichtteil
verlangen, der sich wie folgt berechnet:
Pflichtteil = Geldanspruch in Höhe der Hälfte des
gesetzlichen Erbteils.
Ohne Testament hätte bei Tod des Vaters die Mutter 1/4
als Zugewinnausgleich und 1/4 als Ehegattenerbe bekommen. Beide Kinder hätten
sich die restliche Hälfte teilen müssen, so daß der gesetzliche Erbteil der
Kinder 1/4 und der Pflichtteil damit 1/8 beträgt.
Für den überlebenden Ehegatten bedeutet dies dann, daß
er oder sie die Pflichtteilsansprüche der Kinder erfüllen muß. Dies kann dazu
führen, daß notfalls das mühsam erworbene Familienanwesen verkauft werden muß
oder anderweitig die teilweise recht hohen Geldsummen besorgt werden müssen.
Durch entsprechende Testamentsklauseln können die
Pflichtteilsansprüche zur Beruhigung des erlebenden Ehegatten wirksam
unterbunden werden.
3. Bindungswirkung des gemeinschaftlichen
Testamentes
Das Gesetz sieht beim Berliner Testament eine
Bindungswirkung vor, die nach dem Tode des ersten Ehegatten eintritt und sich
nachteilig auswirken kann.
Dies bedeutet, daß der überlebende Ehegatte das
Testament nicht mehr ändern kann.
Insbesondere über einen längeren Zeitraum können sich
die Ansichten des überlebenden Ehegatten ändern oder es können Umstände
eintreten, die die Ehegatten bei Errichtung des Testamentes nicht bedacht haben.
Diese Bindungswirkung läßt sich durch eine Gestaltung
des Testamentes wirksam aufheben.
Dadurch läßt sich eine testamentarische Regelung finden,
die den Bedürfnissen der Testierenden umfassend entspricht. Der überlebende
Ehegatte kann dann auch noch nach dem Tode des anderen Ehegatten wirksam das
Testament ändern.
4. Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten
Nicht selten kommt es nach dem Tode des ersten Ehegatten
zur Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten.
Durch die Heirat erwirbt die neue Ehefrau zugleich Erb-
und Pflichtteilsansprüche, wodurch sich der Nachlaß für die Kinder der Ehegatten
verringert.
Sinn und Zweck des Berliner Testaments war es aber den
Kindern den Nachlaß endgültig zuzuwenden.
Damit der überlebende Ehegatte in seinem zweiten
Frühling nicht die Kinder um ihr Erbe bringt, empfiehlt sich auch zu diesem
Punkt eine testamentarische Regelung in das Testament aufzunehmen.
Diese Punkte sollen verdeutlichen, daß es ratsam ist,
bei der Testamentsgestaltung alle Möglichkeiten zu bedenken und für diese Fälle
eine wirksamen Regelung in das Testament aufzunehmen.
Es wäre sicherlich ein Unglück, wenn der letzte Wille an
einer unzureichenden Testamentsgestaltung scheitert oder das Erbe der
Angehörigen geschmälert wird.
Prüfen Sie daher Ihr Testament, ob es zu den oben
genannten Punkten eine Regelung enthält. Wenn nicht sollten Sie die fachliche
Hilfe in Anspruch nehmen, die Sie bei Notaren oder Rechtsanwälten finden.
Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, können Sie direkt mit mir
Kontakt aufnehmen.
Bis demnächst
Ihr Rechtsanwalt
Andreas Marr
PS:
Das große Interesse an den Monatstips meiner
Internetseite bekräftigt mich diese Idee fortzuführen.
Um Ihre Interessen in diese Tips mit einzubeziehen,
würde ich mich über Anregungen für Themen der folgenden Monatstips sehr freuen.
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Fax an meine Kanzlei senden. Die Zusendung ist für Sie absolut unverbindlich und
kostenlos.
Ich möchte darauf hinweisen, daß diese Zusendungen keine
Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen, sondern damit lediglich das allgemeine
Informationsbedürfnis der Leser an der "Juristerei" gestillt wird.
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