Andreas Marr

Fachanwalt für Sozialrecht

 

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Arbeitslosengeld II – Mehrbedarfe Monatstipp April 2008

 Jeder Hilfeempfänger erhält zum Leben Regelleistungen und Unterkunftskosten, die - keiner mag es glauben -  tatsächlich den gesamten Lebensbedarf abdecken sollen.

 Übrigens zu den Unterkunftskosten zählen auch die ZASO Gebühren (Müllentsorgung), die als Unterkunftskosten mit von der ARGE zu übernehmen sind.

 

Mehrbedarf = mehr ALG II

Daneben existieren eine Fülle weiterer sog. Mehrbedarfe, die eine besondere Lebenssituation abdecken sollen und in zusätzlichen monatlichen Beträgen bewilligt werden. 

Folgende Mehrbedarfe liegen am häufigsten vor:

 

-          Mehrbedarfe für Alleinerziehende                                                42 € – 208 €,

-          für Schwangere ab der 13. Schwangerschaftswoche                59  €,

-          behinderte Hilfeempfänger für Zeit der beruflichen

Reha (Teilhabeleistungen nach § 33 SGB IX)                             109 - 121 €,

-          nichterwerbsfähige Sozialgeldempfänger (Kinder oder

Personen, die unter 3 Stunden täglich arbeiten können und aufgrund der   

Schwerbehinderung das Merkzeichne G haben),

und

-          Mehrbedarfe für kostenaufwändigen Ernährung (aufgrund einer bestimmten Erkrankung, hier bescheinigt der Hausarzt eine bestimmte Kostform)

 

Bei folgenden Erkrankungen fallen entsprechende Mehrbedarfe an, die monatlich zusätzlich gezahlt werden:

 

Hypertonie (Bluthochdruck)                                    25,56 €

Hyperlipidämie (erhöhte Blutfettwerte)                 35,79 €

Hyperurikämie (Gicht)                                             30,68 €

Krebs                                                                        25,56 €

Lebererkrankung                                                     30,68 €

Nierenerkrankung                                                    30,68 €

Neurodermitis                                                          25,56 €

Laktoseintoleranz                                                    66,47 €

Diabetes mellitus Typ I                                           25,56 € - 51,13 €

Diabetes mellitus Typ II a                                        51,13 €

Multiple Sklerose                                                     25,56 €

Morbus Crohn                                                          25,56 €

und andere Erkrankungen

 

Wenn bei einer Person mehrere Erkrankungen vorliegen, die jeweils unterschiedliche Kostformen erfordern, können die einzelnen Mehrbedarfe summiert werden, so daß sich der Mehrbedarf insgesamt erhöht. 

Zur Beantragung muss der Hausarzt das Zusatzblatt 8 oder jetzt neu die Bescheinigung MBE ausfüllen und darin die verschiedenen Erkrankungen angeben.  

Dieses ausgefüllte Zusatzblatt ist dann einfach bei der ARGE abzugeben und der Mehrbedarf ist entsprechend der ärztlichen Angaben zu bewilligen. 

Die entsprechenden Formulare sind bei der ARGE erhältlich oder auf der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit (www.arbeitsagentur.de) zu finden.  

Sollten mehrere Erkrankungen vorliegen, sollten alle angegeben werden, da auch eine Summierung der Mehrbedarfe in Betracht kommt.

Da sicherlich viele Hilfeempfänger noch nie etwas von diesem Mehrbedarf gehört haben, sollte der Hausarzt gleich noch attestieren, seit wann aufgrund der Erkrankung ein Mehrbedarf erforderlich ist.

Sollte beispielsweise eine Person seit Jahren an Bluthochdruck leiden, aber noch nie einen Mehrbedarf von 25,56 € monatlich erhalten haben, kommt auch eine rückwirkende Bewilligung des Mehrbedarfes in Betracht, sofern der Arzt bescheinigt, dass diese Erkrankung schon dauerhaft vorliegt. 

Mietkosten

 Am 07.11.2006 hat der Kreistag Saalfeld eine Absenkung der Obergrenzen der Mietkosten um 20,- €  beschlossen. Wurde z.B. bislang als Höchstbetrag für einen 1-Personenhaushalt ein Betrag von 300,- € gezahlt, so reduzierte sich dieser Betrag auf 280,- €, obwohl die Hilfeempfänger die gleichen Mietkosten weiterzahlen mussten. Für 2-Personenhaushalte reduzierte sich der Höchstbetrag von 386,- € auf 366,- €. Für 3-Personenhaushalte von 447,- € auf 427,- €.

In zahlreichen kürzlich vor dem Sozialgericht Meiningen für die Hilfeempfänger erstrittenen Musterentscheidungen wurde nunmehr festgestellt, dass diese Kürzung der Unterkunftskosten um 20,- € nicht zulässig ist (S 21 AS 1873/06 u.a.).  

Auch das LSG Thüringen hat schon am 09.03.2007 (L 7 AS 1097/07) entschieden, dass eine Unterkunftsrichtlinie kein geeigneter Maßstab für die Bemessung der Unterkunftskosten darstellt.

 Urteile verschiedener Sozialgerichte 

Das BSG (Bundessozialgericht) hat entschieden, dass regelmäßige Schönheitsreparaturen von der ARGE zu zahlen sind (AZ. B 11b AS 31/06).

Das LSG Bayern hat entschieden, dass eine Sanktion wegen des Abbruch eines 1-€-Jobs mit 30 Stunden/Woche unzulässig und unzumutbar ist, da eine solche Arbeitsgelegenheit niemals eine beinahe Vollzeitbeschäftigung erreichen darf (AZ. L 7 AS 199/06).

Eine Sanktion (Kürzung des ALG II um 30 % für 3 Monate) wegen der Weigerung eine Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen ist unzulässig  (SG Köln S 19 AS 1/08).

Der Abzug der 18 % Pauschale für Warmwasser ist nicht zulässig, so dass BSG im Urteil vom 27.02.2008. Es darf lediglich ein Abzug von 6,25 € pro Person bei vollem Regelsatz  erfolgen. Bei hohen Heizkostenvorauszahlungen verringert sich damit der Abzug für Warmwasser (AZ. B 14/7b 64/06 R)

Das LSG Hessen AZ. L 6 AS 145/07 ER legte fest, dass beim Umzug eines Hilfeempfängers die Mietkaution von der ARGE als Darlehen zu zahlen ist und dieses Darlehen nicht von den Hilfeempfängern aus dem monatlichen ALG II Zahlungen zurückgefordert werden kann.

Die Kosten für Heizöl, Holz und sonstige feste Brennstoffe sind durch die ARGE zu zahlen, wenn sie tatsächlich anfallen. D.h. einmalige Heizkostenbeihilfen sind zu zahlen und nicht in monatliche Beträge aufzuteilen (BSG 16.05.2007 AZ. B 7b AS 40/06 R).

 

Kosten und Beratungshilfe 

Das Widerspruchsverfahren und das Verfahren vor dem Sozialgericht ist gerichtskostenfrei. 

Zur Durchsetzung der Rechte gegenüber der ARGE stehen die Erfolgschancen erheblich besser, wenn sich ALG II Empfänger anwaltlich vertreten lassen, da sich zumindest im außergerichtlichen Bereich die Widersprüche erheblich beschleunigen lassen. 

Nach dem Beratungshilfegesetz haben alle ALG II Empfänger und Personen mit geringem Einkommen und Vermögen einen gesetzlichen Anspruch auf Beratungshilfe, d.h. die außergerichtlichen Kosten eines Anwaltes trägt die Staatskasse, wenn vorher alle Möglichkeiten genutzt wurden, um die Sache allein zu klären.

Für die gerichtliche Durchsetzung kann unter den gleichen Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden, so dass sich bedürftige Personen auch vor dem Sozialgericht anwaltlich vertreten lassen können.

Daran zeigt sich, daß alle ALG II Empfänger die Möglichkeit haben, ihren Bescheid von einem fachkundigen Anwalt prüfen zu lassen, ohne hohe Rechnungen des Rechtsanwaltes befürchten zu müssen.

 

 

RA Andreas Marr, Saalfeld

Fachanwalt für Sozialrecht