Bundesgerichtshof
stärkt Ehegattenrechte bei Bürgschaft, Schuldbeitritt und Mithaftung für
gewerbliche Kredite
Der BGH
(Bundesgerichtshof) hat 2005 erneut bestätigt, daß Bürgschaften sittenwidrig
und damit unwirksam sind, die für den Bürgen eine krasse finanzielle
Überforderung darstellen.
Die Rechtsprechung
des BGH ist auf alle Formen der Mithaftung für fremde Schulden anzuwenden
(Bürgschaft, Schuldbeitritt, Mitdarlehensnehmer).
Bei der Bürgschaft
handelt es sich um ein Rechtsgeschäft mit dem der Bürge erklärt, für die
Schulden eines anderen (Kreditnehmer) mit seinem gesamten Vermögen zu
haften.
Bei einem
Schuldbeitritt erklärt der Beitretende, daß er zusätzlich zum Kreditnehmer
für alle Schulden - ebenfalls mit seinem gesamten Vermögen - haftet.
Auch die Mithaftung
in einem Darlehensvertrag als Mitdarlehensnehmer kann sittenwidrig sein,
wenn der Kreditbetrag tatsächlich in die Firma des Partners fließt und der
Ehegatte keinen unmittelbaren Vorteil aus dem Darlehensvertrag erhält.
Achtung:
Bei einem
Schuldbeitritt oder einer Mithaftung einer Privatperson zu einem
Kreditvertrag muß eine schriftliche Belehrung der Bank über das gesetzliche
Widerrufsrecht erfolgen. Wenn diese Widerrufsbelehrung nicht erfolgt,
besteht ein zeitlich unbefristetes Widerrufsrecht für den
Verbraucher.
In der Praxis ist
regelmäßig folgender Ablauf zu beobachten:
Der Ehemann nimmt
einen geschäftlichen Kredit für sein Unternehmen auf, um den Betrag in seine
Firma zu investieren. Da die Bank immer auf zahlreiche Sicherheiten besteht
und die Kreditgewährung davon abhängig macht, wird regelmäßig die Ehefrau
aufgefordert, eine Bürgschaft abzugeben oder mit als Darlehensnehmer den
Vertrag unterzeichnen.
Eine krasse
Überforderung liegt vor, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Bürge
aus seinem pfändbaren Nettoeinkommen nicht einmal die Zinslast aus den
Schulden des Kreditvertrages aufbringen kann.
Als pfändbares
Einkommen kommen nur monatliche Nettoeinkünfte oberhalb folgender
Pfändungsfreigrenzen in Betracht:
(aktueller Stand
seit 01.07.2005)
- unverheiratete
Personen ohne Kind 990,- €
- Ehegatten ohne
Kind 1360,-
€
- Ehegatten mit 1
Kind 1570,- €
- Ehegatten mit 2
Kindern 1770,- €
Weiter ist für die
Sittenwidrigkeit der Verträge erforderlich, daß eine emotionale
Verbundenheit zwischen dem Kreditnehmer und dem Mithaftenden vorliegt,
wie z.B. zwischen Ehemann und Ehefrau.
In der
Rechtsprechung ist aber auch anerkannt, daß eine emotionale Verbundenheit
nicht nur zwischen Ehegatten, sondern auch bei Kindern, Eltern, Verlobten,
Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft vorliegt.
Rechtsfolge solcher
sittenwidriger Verträge ist - beim Vorliegen der oben genannten
Voraussetzungen - immer die Nichtigkeit der Verträge.
Die Bank kann damit
von dem Bürgen keine Zahlungen verlangen, wenn der Kreditnehmer
zahlungsunfähig wird. Entsprechend ist eine mithaftende Ehefrau aus einem
Darlehensvertrag für den gewerblichen Kredit des Ehemannes nicht haftbar.
Aber selbst wenn
sich das Kreditinstitut über das gerichtliche Mahnverfahren einen
Vollstreckungsbescheid besorgt haben sollte, was möglich ist, da vor
Erlaß eines Vollstreckungsbescheides kein Richter den Sachverhalt geprüft
hat, bestehen noch Erfolgsaussichten.
Zwar ist der
Vollstreckungsbescheid ein Vollstreckungstitel aus dem 30 Jahre lang
vollstreckt werden darf.
Es besteht jedoch
die Möglichkeit diesen Vollstreckungstitel herauszuverlangen und auf
Unterlassung der Zwangsvollstreckung zu klagen, wenn das Mahnverfahren
mißbräuchlich genutzt wurde, um einen Vollstreckungsbescheid zu erhalten.
BGH 25.1.05 AZ XI
ZR 28/04
Sachverhalt:
Der Ehemann der
beklagten Ehefrau hatte von der Klägerbank einen Kredit zur
Unternehmensgründung aufgenommen. Die Ehefrau war arbeitslos und übernahm
eine Bürgschaft. Die Ehefrau sollte etwa 2 Jahre nach der
Unternehmensgründung eine leitende Position mit überdurchschnittlichen
Jahresgehalt antreten. Vorher mußte der Geschäftsbetrieb wegen Insolvenz
eingestellt werden. Der BGH entschied, daß der Bürgschaftsvertrag
sittenwidrig war und die Ehefrau keine Zahlungen an die Bank leisten mußte.
BGH 25.1.05 AZ:
XI ZR 325/03
Sachverhalt:
Auch im zweiten Fall
hatte die Ehefrau eine Bürgschaft über mehr als 350.000 DM für
Geschäftskredite des Ehemannes aufgenommen. Das Unternehmen des Ehemannes
scheiterte. Nachdem die Bank im Insolvenzverfahren leer ausging, wollte sie
von der Ehefrau 350.000 DM aus der Bürgschaft haben. Kurz darauf schlossen
das Ehepaar und die klagende Bank einen Kreditvertrag über 350.000 DM zur
Ablösung noch bestehender Geschäftsschulden. Als das Ehepaar die
Tilgungszahlungen für den Kredit einstellte, wollte die klagende Bank das
Geld von der Ehefrau. Der BGH urteilte auch hier, daß die Bürgschaft und der
anschließende Kreditvertrag sittenwidrig sind und die Ehefrau keine
Zahlungen schuldete.
Für Rückfragen stehe
ich Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.
RA Andreas Marr
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