Stichtag 31.12.2009 für Überprüfungsanträge
bei ALG II Bescheiden
Die
anhaltend hohe Erfolgsquote in Verfahren vor den Sozialgerichten und in
Widerspruchsverfahren zeigt, dass insbesondere zu Beginn der ALG II Berechnung
am 01.01.2005 zahlreiche Bescheide zu geringe Leistungen gewährt haben.
Da
es sich um Sozialleistungsbescheide handelt, können diese bis zu 4 Jahren
rückwirkend nochmals überprüft werden, um sich bislang nicht gewährte Leistungen
nachzahlen zu lassen (§ 44 SGB X Zehntes Sozialgesetzbuch)
Diese
Nachzahlungen sind grundsätzlich mit 4 % zu verzinsen.
Da die Überprüfung nur 4 Jahre rückwirkend
möglich ist, kann der Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2005 nur mit Antrag bis zum
31.12.2009 nochmals überprüft werden.
Mit einem erst im Januar 2010 gestellten Antrag sind bis dahin nicht geprüfte
Bescheide aus dem Jahr 2005 dauerhaft bestandskräftig.
Die Erfahrung
hat gezeigt, dass insbesondere in den ersten Jahren der ALG II Bewilligung
besonders viele fehlerhafte Bescheide erlassen wurden.
Der
Überprüfungsantrag ist aus nachfolgenden Gründen sinnvoll:
1. Die
Regelleistungen für die 6-13jährigen Kinder wurden vom BSG für verfassungswidrig
erklärt. Diesbezüglich sind Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht
in Karlsruhe anhängig. In der mündlichen Verhandlung am 20.10.2009 erklärt des
BVerfG, dass die Regelleistungen mit großer Wahrscheinlichkeit für die Kinder zu
gering bemessen wurden.
Der Überprüfungsantrag muss
bis vor der Urteilsverkündigung des Bundesverfassungsgerichts eingelegt worden
sein. Diese wird im Januar/Februar 2010 erwartet. Der Überprüfungsantrag sollte
bis Ende Dezember 2009 gestellt sein, da er dann auch noch bis zum Jahr 2005
zurückwirkt. Wird er später gestellt, wirkt er nur bis 2006 zurück. Nach
Urteilsverkündung durch das BVerfG ist ein Überprüfungsantrag nicht mehr
möglich. Sollte der Überprüfungsantrag abgelehnt werden, ist ein
Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid notwendig, um das Verfahren offen zu
halten. Wenn die Behörde lediglich mitgeteilt hat, dass sie mit der Entscheidung
noch bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts abwarten will, ist kein
Widerspruch notwendig. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen, d.h.
mit eigenhändiger Unterschrift. Hierbei können Sie sich gern an einen Fachanwalt
für Sozialrecht wenden.
2. Oftmals wurden die Unterkunftskosten
fehlerhaft berechnet. Insbesondere wurden die Betriebskostennachzahlungen,
ZASO-Gebühren, Hausmüllgebühren, Straßenausbaubeiträge, Anschlussbeiträge
Abwasser, Schuldzinsen und Tilgungsleistungen bei Restschulden des Darlehens bis
12.500,- , Heizkosten und deren Nachzahlungen, Stromkosten für Elektroheizung,
etc. nicht ausreichend berechnet.
3. Auch
erfolgte bei der Einkommensanrechnung Fehler, z.b. steuerfreie Nachtschicht- und
Feiertagszuschläge, Fahrtkosten, Freibeträge, Unterhaltszahlungen; BAföG
Freibeträge wurden zu bei Schüler-BAföG zu gering bemessen; etc.
4.
Schließlich wurden auch öfters die Zuschläge nach § 24 SGB II (befristeter
Zuschlag nach § 24 SGB II) nicht berechnet. Dieser Zuschlag ist zu gewähren wenn
vor dem ALG II höheres ALG I gezahlt wurde und sich durch den ALG II Bezug eine
Einkommensdifferenz ergibt.
5. Auch bei
Selbständigen wurde die Zuschläge zur privaten Kranken- und Rentenversicherung
oft nicht gewährt, auf die eine hilfebedürftiger Selbständiger Anspruch hat.
6. Auch aus
formalen Gründen waren im Jahr 2005 die Erstattungsbescheide zahlreich
fehlerhaft und Betroffene können sogar bereits eingezahlte Gelder zurückfordern.
Lassen Sie sich den
Eingang des Überprüfungsantrags/ Widerspruchs beim Amt auf einer Kopie
schriftlich bestätigen oder schmeißen Sie den Widerspruch nur mit einem
Zeugen ein. Schicken Sie den Antrag per Einschreiben. Um den Anspruch auf
Nachzahlung zu sichern, müssen Sie im Zweifel den Zugang der Schreiben beim
Amt beweisen.
Falls die Behörde in einem der Bescheide
ausnahmsweise wegen eines behördeninternen Berechnungsfehlers zu hohe Leistungen
bewilligt hat, haben Sie Vertrauensschutz und es bleibt bei der zu hohen
Bewilligung, so dass dabei auch keine Rückforderungen folgen können.
Im
Anhang finden Sie einen Musterüberprüfungsantrag für das Jahr 2005 mit dem die
Bescheide nochmals geprüft werden können.