Allgemein bekannt ist, daß jedem Arbeitnehmer gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
SGB I
Drittes Sozialgesetzbuch) eine sog. Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe droht.
§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lautet:
"Hat der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch
arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlaß für die Lösung des
Beschäftigungsverhältnisses
gegeben und hat er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die
Arbeitslosigkeit herbeigeführt...ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund
zu
haben, so tritt eine Sperrzeit ein."
Darüber hinaus verkürzt sich auch die Dauer des Arbeitslosengeldbezugs.
Als eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses - und damit sperrzeitauslösend -
ist schon längere Zeit der Abschluß eines Aufhebungsvertrages anerkannt.
Beim Aufhebungsvertrag einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer ohne Kündigung
dahingehend, daß das Arbeitsverhältnis beendet wird. Da sich der Arbeitnehmer
damit
aktiv am Eintritt seiner Arbeitslosigkeit beteiligt, droht eine Sperrzeit von 12
Wochen.
Andererseits kommt keine Sperrzeit in Betracht, wenn der Arbeitsnehmer eine
betriebsbedingte Kündigung einfach hinnimmt und keine Kündigungsschutzklage
zum Arbeitsgericht erhebt.
Um den Eintritt einer Sperrzeit zu verhindern, hat sich in der Praxis der
Abschluß
eines sog. Abwicklungsvertrages (auch Kündigungsfolgenvereinbarung)
durchgesetzt.
Beim Abwicklungsvertrag einigen sich Arbeitsgeber und Arbeitnehmer nach
Ausspruch einer Kündigung über die Folgen der Kündigung.
Gegenstand eines Abwicklungsvertrages können sein:
- Abfindung (gemäß § 3 Nr. 9 EStG mindestens bis 8181 € steuerfrei)
- Fälligkeit der Abfindung
- Verzicht auf Klageerhebung zum Arbeitsgericht
- Rücknahme einer bereits erhobenen Klage
- Ausschluß von allen gegenseitige Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis
- Freistellung von der Arbeitspflicht unter Urlaubs- und
Überstundenanrechnung
Bisher kam der Arbeitnehmer mit dem Abschluß eines Abwicklungsvertrages
regelmäßig
um eine Sperrzeit herum.
Nach einem neueren Urteil des Bundessozialgerichtes vom
18.12.2003 (AZ: B 11 AL 35/03) kommt nunmehr auch beim Abwicklungsvertrag
grundsätzlich die Verhängung einer Sperrzeit in Betracht.
Ausnahmen werden in engem Rahmen zugelassen. So kommt auch weiterhin
keine
Sperrzeit in Betracht, wenn:
- die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung rechtmäßig ist.
- durch eine Vereinbarung nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist des § 4
Kündigungs-
schutzgesetzes (Beginn der Frist ab Erhalt der Kündigung) und
ohne vorherige
Absprache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die
Einzelpunkte
der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geregelt werden
- ein Vergleich vor dem Arbeitsgericht nach Erhebung der
Kündigungsschutzklage
die Rechtsfolgen der Kündigung regelt.
Nach dem neu eingeführten § 1a Kündigungsschutzgesetz hat der
Arbeitnehmer bei
einer betriebsbedingten Kündigung Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von einem
halben Bruttomonatsgehalt je Beschäftigungsjahr.
Vorausgesetzt der Arbeitgeber hat in dem Kündigungsschreiben dringende
betriebliche
Gründe angeführt und den Arbeitnehmer darauf hingewiesen, daß mit
Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beansprucht werden kann.
Wenn das Kündigungsschreiben diesen formalen Anforderungen entspricht, hat der
Arbeitnehmer nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist eine einklagbaren Anspruch
auf
Abfindung.
Nach der Dienstanweisung der Bundesagentur für Arbeit droht in diesem Fall keine
Sperrzeit, wenn die Kündigung nicht offensichtlich rechtswidrig ist.
Dies liegt z.B. vor bei:
- Kündigung eines Schwerbehinderten ohne Anhörungsverfahren des
Intergrationsamtes
- mündliche Kündigung
- Kündigungsfristen nicht beachtet
- Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes ohne Zustimmung des Betriebsrates
- Kündigung einer Schwangeren
Unter Umständen kann auch der Arbeitgeber auf Schadenersatz haften, wenn gegen
den
Arbeitnehmer eine Sperrzeit verhängt wird und der Arbeitgeber gegen eine
Aufklärungspflicht verstoßen hat.
Aufklärungspflichten ergeben sich wenn:
- der Arbeitgeber den Anstoß zum Abschluß eines Aufhebungsvertrages
gegeben hat und beim Arbeitnehmer den Anschein erweckt hat,
daß die mit einem
Aufhebungsvertrag auch die Interessen des Arbeitnehmers
gewahrt werden;
- der Arbeitgeber erkennt, daß beim Arbeitnehmer Unklarheit über die
Rechtsfolgen
aufgrund des Abschlusses eines Abwicklungsvertrages besteht;
- der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Auskunft über die rechtlichen Folgen
eines
Aufhebungsvertrages verlangt.
Fehlerhaft erfüllte Aufklärungspflichten berechtigen zum Schadenersatz gegen den
Arbeitgeber.
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Kontakt aufnehmen.
Bis demnächst
Ihr Rechtsanwalt
Andreas Marr